Eine Rekapitulation mit Fritz Burschel
Einlass ab 18:30 Uhr
Beginn 19:00
Der Tag der Urteilsverkündung am 11. Juli 2018 war der absolute Tiefpunkt der 438 Prozesstage und ein erneuter Tiefschlag für die vom NSU-Terror Betroffenen. Auch 10 Jahre nach dem Auffliegen des NSU kann es keinen Schlussstrich geben.
Nach so langer Zeit sind die wesentlichen und bohrenden Fragen dieses NSU-Komplexes nach wie vor unbeantwortet, der Verfassungsschutz geht aus diesem wohl größten Geheimdienstskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte völlig ungeschoren hervor und im Land explodierte rassistische und rechte Gewalt. Die Kette rechtsterroristischer Anschläge und Eskalationen, Bedrohungen und Angriffe reißt nicht ab. Weitere Namen auf dieser Liste: die verheerenden Anschläge von Halle und Hanau, die Festnahme einer großen rechtsterroristischen Gruppe und die Verfolgung weiterer solcher Gruppen wie etwa „Nordkreuz“, in denen auch uniformierte Angehörige der bewaffneten Organe des Staates, Polizist*innen und Bundeswehrangehörige den Tag X der gewaltvollen Machtübernahme vorbereiten. Auch der zunächst diffusen Querdenker-Bewegung, die sich in einem Freiheits- und Widerstandskampf gegen diktatorische Verhältnisse, seuchenpolitische «Ermächtigungsgesetze» und das «sozialistische Merkel-Regime» wähnt, kann sich eine faschistische Rechte leicht anverwandeln.
Mit seinem Vortrag beleuchtet Fritz Burschel rückblickend den NSU-Prozess, das Urteil, die Untersuchungsausschüsse, Behördenverstrickungen, gesellschaftlichem Rassismus und die rechtsterroristische Gefahr und stellt die Frage nach den immer noch aktuellen Konsequenzen aus dem Aufarbeitungs-Desaster und der „Kein Schlussstrich“-Kampagne.
Friedrich Burschel ist Historiker und Politologe, arbeitet seit 25 Jahren als Journalist und war viele Jahre auch Referent zum Schwerpunkt Neonazismus und Strukturen/Ideologien der Ungleichwertigkeit bei der Akademie für Politische Bildung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin. Er war über 5 Jahre akkreditierter Korrespondent des nicht-kommerziellen Lokalsenders Radio Lotte Weimar im NSU-Prozess und ist Mitarbeiter von NSU-Watch. Seine Audio- und Printbeiträge zum Prozess und zum NSU sind auf der RLS-Homepage zu finden.