Am 4.11.2021 jährt sich die Selbstenttarnung des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds zum 10. Mal. Die Täter:innen ermordeten mindestens 10 Menschen zum Opfer: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michele Kiesewetter.
Seitdem ist einiges passiert. Es haben Betroffene ihre Stimme erhoben und punktuell Solidarität erhalten. Aber nur wenig lässt darauf hoffen, dass in Zukunft neonazistischen Terrorzellen das Morden erschwert wird.
Hierzu zählt, dass der NSU nicht als Terrorzelle in einem Netzwerk verhandelt wurde, nicht vor Gericht in München und nicht in den diversen Untersuchungsausschüssen der Landtage in u.a. Brandenburg. Es war neben dem gesellschaftlichen Klima der 90er Jahre die Einbindung einer Vielzahl von Neonazis, welche das Leben und Morden des Kerntrios im sogenannten “Untergrund” erst ermöglichten. Von Krankenkassenkarten bis hin zu Waffen und gemeinsamen Konzertbesuchen reichte die Zusammenarbeit.
Die Einbindung staatlicher Stellen (vom bspw. Brandenburgischen Verfassungsschutz und der Bundesverfassungsschutz, bis zum Berliner LKA und dem Militärischen Abschirmdienst) bzw. ihr zeitlich gut geplantes “Wegsehen” wurde und wird nicht angemessen aufgearbeitet. Es häuften sich die Schredderaktionen in Archiven und Beamt:innen mit auffallenden Erinnerungslücken, zumeist ohne Konsequenzen für Laufbahn und Leben der daran Beteiligten.
Und auch heute zeigen staatliche Stellen wenig bis kein Interesse daran, neonazistisch motiviertes Morden zu verhindern. Anders sind die massenweise auftretenden “Einzelfälle” rassistischer und antisemitischer Chatgruppen von Polizist:innen und Soldat:innen nicht zu erklären — auch nicht der geringe staatliche Willen zur Aufklärung über neonazistische Geheimbünde, sogenannte Preppergruppen, wie die Gruppe Nordkreuz. Diese Gruppe verfügte (und verfügt vermutlich immer noch) nicht nur über massenweise Waffen und Munition, sondern beschaffte sich sogar Material zum Umgang mit Leichen.
Daneben entschied sich in einigen Brandenburger Wahlkreisen jede 4. Wähler:in für die rassistische und mindestens in Teilen faschistische AfD. Es ist die AfD in Zusammenarbeit mit Teilen der CDU und sogar der SPD (Stichwort Sarrazin), welche den politischen Nährboden für neonazistische Täter bildet. Angefangen bei Hasskommunikation in sozialen Medien über Entmenschlichung von Teilen der Bevölkerung und Gewalt- sowie Morddrohungen und schlussendlich Morde, haben sich rechte Bedrohungsallianzen gebildet.
Gegen dieses Ungetüm des Gesamtproblems wird keine Polizei, kein sogenannter Verfassungsschutz und kein Gericht wirkungsvoll vorgehen können oder vorgehen wollen. Es sind wir, die wir das Gedenken an die Opfer des NSU am Leben erhalten müssen, genauso wie wir es sind, die gegen Neonazis, Rassist:innen und Antisemit:innen vorgehen müssen.
Kommt deshalb zur Gedenkkundgebung und Demo am 04.11.2021 ab 17.00 Uhr am Steubenplatz am Landtag Brandenburg!